Kunst am Bau: Interview mit Julius von Bismarck
Am Montag, den 27. März 2023, war Julius von Bismarck am CML zu Gast. Er hat das Kunstwerk „Ocean Apparatus“ geschaffen. Dabei handelt es sich um vier rote Bojen, die hoch oben an unserem Forschungsgebäude im Harburger Binnenhafen angebracht sind. Sie bewegen sich wie echte Bojen auf dem offenen Meer. Diese Bewegungen basieren auf realen Wellenmessdaten von Bojen auf dem offenen Meer. Am Montag sprach Julius von Bismarck mit uns über seinen Schaffensprozess und seine Gedanken zu „Ocean Apparatus".
Wie lautete die Aufgabenstellung in diesem konkreten Projekt?
Die war recht offen. Es wurden z.B. mögliche Orte genannt, an denen sich das Kunstwerk befinden könnte, aber es wurde nichts vorgegeben. Allerdings sollte das Kunstwerk etwas mit dem Forschungsfeld „Maritimer Sektor“ zu tun haben. Es hätte aber auch z.B. ein Bild oder eine Klanginstallation sein können.
Sie haben sich schon häufiger mit den Themen Ozean und Meere beschäftigt. Was genau reizt sie daran?
Das Meer ist ein klassischer Sehnsuchtsort – auch für mich. Früher galt es als lebensfeindlich, dann meinte man, es beherrschen zu können. Doch das Bewusstsein hat sich weiter verändert: Es geht jetzt mehr darum, die Natur zu bewahren.
Wie sind Sie an das Projekt herangegangen?
Ich arbeite viel mit Bewegung. Der Reiz hier war, Bewegung in oder an ein statisches Gebäude zu bringen. Die Bewegungen des “Ocean Apparatus” werden auf der Grundlage der von in Echtzeit übermittelten Wellenmessdaten von Bojen, die sich auf dem offenen Meer befinden, berechnet. Je nach Wetterlage scheinen die Bojen langsam treibend vor sich hin zu schweben oder wanken lebhaft, aufgestachelt vom tosenden Meer.
Wie sind Sie auf die Idee mit den Bojen gekommen?
Zum einen durch die Vorlage der Gebäudearchitektur. Der Forschungsneubau ist ja wie ein steinernes Schiff. Außerdem hatte ich tatsächlich früher schon mit Bojen gearbeitet, wenn auch in einem völlig anderen Zusammenhang.
Handelt es sich um echte Bojen?
Nein, aber sie stammen von einem Unternehmen, das echte Bojen herstellt.
Aus welchem Material sind die Bojen?
Aus Stahl wegen des Brandschutzes
Wie viele Mitarbeiter haben an der Konstruktion mitgewirkt?
Vier
Gab es besondere Herausforderungen bei dem Projekt? Welche?
Corona, weil sich dadurch viele Zeitpläne verschoben haben: Erst war eine Zeitlang nichts los, dann kam alles gleichzeitig. Und dann ist das Projekt ja auch sehr komplex.
Haben Sie schon öfter Kunst-am-Bau-Projekte entwickelt? Was ist Ihnen dabei wichtig?
Ja, seit der Pandemie. Ich finde diese Art Projekte gut, weil sie für Menschen sind, die nicht unbedingt ins Museum gehen. Ich wende mich nicht an eine Fachpublikum, sondern die Kunst ist Bestandteil des alltäglichen Lebens und gleichzeitig dauerhafter. Ich bin aber nicht darauf spezialisiert.
Die Bewegungsmuster stammen von echten Wellen. Wo genau befinden die sich?
Zurzeit nutzen wir Messdaten aus dem Atlantik in der Nähe der Bucht von Biskaya. Es handelt sich um öffentlich zugängliche Daten. In Zukunft möchte ich aber gern gemeinsam mit den Nutzern des Gebäudes abstimmen, welche Daten wir verwenden wollen und welcher Ozean das CML umspielen wird.
Welche Wirkung versprechen Sie sich von Kunst am Bau im Allgemeinen und von diesem Projekt im Besonderen?
Über Feedback freuen wir uns immer. Wir haben einen Instagramkanal und merken, dass die Öffentlichkeit reagiert. Die Installation “Ocean Apparatus” ist als Einladung an die Besucher und Mitarbeiter des Fraunhofer CML sowie die Bewohner Harburgs zu verstehen, das Meer neu und auf eine andere Art und Weise zu betrachten.
Was haben Sie aus diesem Projekt gelernt bzw. mitgenommen für weitere Projekte?
Interessanterweise war hier erst die Technik wichtig, erst dann das Künstlerische. Die Messdaten kommen sowohl von Haupt-, als auch von Nebenwellen, werden mathematisch zerteilt und dann vorhergesehen. Das ist alles sehr komplex. Das Künstlerische muss nicht zwingend etwas mit Technik zu tun haben – das ist eher eine Nische. In meinem Studio arbeiten aber auch Ingenieure, Mechatroniker und Architekten. Daher passt das Projekt sehr gut zu uns.